5. Der Stall von Bethlehem
Pünktlich 2 Abende vorher begannen ein paar junge Männer, Mitspieler vor allem, mit dem Bau des Stalles. Sie arbeiteten fröhlich und flink, und es ging rasend schnell, denn eigentlich war theoretisch schon alles aufs feinste ausgeführt. Das hatte Nené wohl lange vorher schon geplant. Er wusste genau, wohin er die Hütte diesmal baut und wie er den Pferch für die Tiere anordnet, wie die Elektrizität angelegt wird, wie Lampen und Lautsprecher funktionieren, wo der Chor stehen wird und wie das Volk sich um die Krippe scharen würde. Und vor allem war gut ausgetüftelt worden, woher das Baumaterial kommt:
Sie nahmen einfach die große Bar vom Fest-Komitee auseinander und bauten sie gegenüber der Kirche als Stall wieder auf, mit stabilen Eisenträgern und Wellblechdach, schön groß und geräumig und prächtig.
Ich kann mir nicht denken, dass man anderswo eine solch komfortable Herberge für Maria und Josef bieten würde. Also, ich muss schon sagen, dieser beeindruckend geräumige Stall hätte alle Hirten mitsamt ihren Herden aufnehmen können, dazu die zwölftausend Engel, von denen immer die Rede ist. Hier in unserem Dorf hätten die nicht wieder so schnell abfliegen müssen, wie das der Evangelist Lukas beschreibt. Sie hätten ruhig noch ein bißchen bleiben und sich umsehen können. Dann hätten sie nämlich festgestellt, dass man hier im Dorf den Herrn und Heiland wirklich erwartet und aufnimmt. Und die Könige hätten auch ruhig mit ihrem ganzen Tross absteigen können, da war Platz genug. Sie hätten ihre Kamele und Elefanten nicht irgendwo hinter der Kirche parken müssen. Sie waren ja dann auch wirklich beeindruckt von dem "Stall".
Wir waren alle beeindruckt von diesem Palast.
Und als jemand behauptete, es würde in der Heiligen Nacht regnen, war uns das völlig egal, denn unter das Wellblechdach dieses Stalles von Bethlehem-Carregosa passten alle Gläubigen des Ortes, passten mehr Christen als in die Kirche.
Außerdem regnete es gar nicht in dieser Heiligen Nacht.
Aber Stunden später kam ein großer Sturm mit Regen auf, fuhr unter das Dach, hob die großen Teile des Wellblechs hoch und ließ sie polternd zu Boden krachen. Doch da waren alle Menschen und Tiere längst in sicherer Hut und nicht mehr gefährdet.