Habseligkeiten

Verfasst am: 30. Oktober 2004 von Barbara 1 Kommentar

Am letzten Sonntag wurde bekannt gegeben, wie „das schönste deutsche Wort" heißt, bzw. welches Wort als „schönstes deutsches Wort“ von der Gesellschaft für deutsche Sprache unter allen Vorschlägen ausgewählt wurde.

Es ist das Wort „Habseligkeiten“.

Es wurde vor allem wegen der mitgesandten liebenswürdigen und ansprechenden Begründung ausgewählt: demnach besteht das zusammengesetzte – typisch deutsche – Wort aus dem materiellen Begriff Habe, Besitz, irdische Güter und dem spirituellen Begriff Seligkeit, Glückseligkeit, Glücksgefühl als psychisches Wohlbefinden und himmlisches Errettetsein.

Da ich in der letzten Zeit wegen anderer Probleme keine Zeitung mit Feuilleton und klugen Artikeln lesen konnte, auch kein Radio und Fernsehen hörte und meine etymologischen Wörterbücher alle in Portugal stehen, schwebe ich mit meinen eigenen Betrachtungen, die wahrscheinlich als die selben oder ähnlichen von anderen Leuten schon vielfältig zu lesen waren, völlig unabhängig und unwidersprochen in Raum und Zeit und denke, das Wort Habseligkeiten hat gar nichts mit Seligkeit, sondern mit der alten Silbe –sal wie Mühsal, Labsal, Schicksal zu tun, erinnert furchtbar an Hartz IV (was ich nach 4 Wochen Neubrandenburg nicht mehr hören kann!) und ist heutzutage genau so undeutsch und untypisch wie ein fröhliches Kind, das in seiner Hosentasche irgendwelche Schätze gesammelt hat wie unsere Kinder damals in den Schuhschachteln – o Mann!! : tote Schmetterlinge, Steine, Federn, Kastanien, Bindfäden, Trillerpfeifen, abgelutschte Gummibärchen, klebrige Zopfhalter, Kostbarkeiten ohne Ende….  Oder wie Penner mit ihren Plastiktüten.
Sind die denn typisch deutsch, ist  der Begriff Habseligkeiten  etwa „schön“??

Im Gegenzug überlege ich mir, welches das schönste portugiesische Wort sein könnte.
Besonders typisch dürfte wohl „saudade“ sein. Aber saudade ist kein schönes Wort für deutsche Ohren – wegen dieser Vorsilbe.

Mein Lieblingswort im Portugiesischen ist  „almofada“, was Polster und Kissen heißt  (sogar ganz modern und aktuell Airbag = almofada de ar). Bei almofada denke ich an weiche Daunenkissen, orientalische Polster und geheimnisvolle Lautlosigkeit wegen der dunklen Vokale.

Aber wahrscheinlich wird man dieses unportugiesische und aus dem Arabischen kommende Wort als Lehnwort nicht akzeptieren, deshalb habe ich noch einen Favoriten, nämlich
„abafado“.
Abafado ist ein anderes Wort für das köstliche Gesöff Jeropiga, das man am St. Martinsfest trinkt, aus 5-Liter-Korbflaschen. Jeropiga, der Portwein der Landbevölkerung.  Und dazu heiße Maronen… „quentes e boas“…, in den novembergrauen Straßen Lissabons, am nebligen Kai des Tejo…
seufz -

… womit wir wieder bei “saudade” wären …

Eine Antwort

  1. "Wann hat Ihr Habsel Sie zuletzt selig gemacht? Habsel, das sollte ich erklären, ist alles, was Sie besitzen, vom Auto bis zur Zwille. Was ein richtiger Gier-ist-geil-Typ ist, einer, der mit seinem Besitz prunkt, den darf man getrost habselig nennen, doch sollte man das Wort auf der ersten Silbe betonen: hábselig.

    Wenn Sie nun meinen, ich hab se nich mehr alle, dann darf ich an die Suche nach dem „schönsten deutschen Wort“ erinnern, bei dem bekanntlich „Habseligkeiten“ gekürt wurde.
    Leider erwies sich das Ganze als ein Missverständnis.

    Habseligkeiten kommt, wie zwei Freiburger Linguisten sogleich bemerkten, von Habsel,  einem ehemals gebräuchlichen deutschen Wort. Wie kraftvoll dieses Habsel einmal war, klingt noch in Wortwendungen wie Schicksal, Wechsel oder Trübsal an – keine Spur von jener Anmutsniedlichkeit, die heute in Habseligkeiten steckt.

    Der Jury zur Wahl des schönsten deutschen Wortes, darunter Herber Grönemeyer, blieb dergleichen verborgen. Verzeihlicherweise. Unsere Sprache und ihr Gebrauch verändern sich noch rasanter als die deutschen Sicherheitsgesetze.
    Als der Sportreporter Werner Hansch vor zehn Jahren einen Torschuss „geil“ fand, regte sich halb Deutschland ob dieser Obszönität auf. Inzwischen hat das Wort seinen festen Platz unter den Habseligkeiten der Umgangssprache."
    (Detlef Hartlap in prisma 48/2004)

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