Aus dem Gästebuch einer Galeriebetreiberin
Das Gästebuch, das wir hier bei den Ausstellungen in unerer Galeria Luazul auslegen, kann sich in keiner Weie mesen mit dem entzückenden "Fremdenbuch" aus den Jahren 1900-1923 von Hagens Großeltern, den Apothekersleuten Richard und Ida Hölzle aus Konstanz. Aber es hat auch seinen kalligraphischen Reiz und historisch-dokumentarischen Wert.
Ich liebe die schwungvollen Unterschriften von
José Nazaré Jesus Santos
Maria Adelaide Teresa Benedita da Cruz
Roberto Belarmino ?schnörkel,schwungvoll,strich?
Beato Amadeu da Silva Rocha
Ich liebe die ehrlichen und redlichen Eintragungen, mit schwerer Hand geschrieben, weil man sonst eigentlich nicht zur Feder greift. Man setzt sich umständlich hin, rückt die Brille zurecht, sagt entschuldigend, dass man ja nur 4 Schulklassen besuchen konnte, damals waren die Familien so arm – und schreibt mit ungelenken großen Buchstaben:
"Manuel Diogo de Pereira Vilar besuchte die Ausstellung und sah die Bilder fand die Bilder sehr schön alles sehr schön danke. Manuel Diogo de Pereira Vilar" (wie gesagt: 3.Ps. Sg.)
Dann erhebt man sich wie nach einer sehr anstrengenden Tätigkeit, nimmt die Brille wieder ab, lächelt verlegen, zeigt allen Umstehenden das Gästebuch und sagt zum Pastor: "Übersetze es mal!"
Ich finde das hinreißend. Leider steht nicht dabei, dass dieser Manuel wochenlang brauchte, bis er sich überwand zu kommen, denn 1000 Pflichten hielten ihn (nur zu gern!) davon ab. Aber dann drückte ihm seine Frau 2 Weinflaschen und einen Sack voll Kartoffeln in die Hand und sagte: "Nun geh mal da hin und guck dir das an und rede mit dem Maler, der hat es echt verdient, der mag Portugal und unser Dof. Der erzählt in Deutschland allen Freunden, was er hier erlebt hat. Ich kann leider nicht mitkommen, ich muss die Kühe melken."
Nein, das steht alles nicht im Gästebuch. Der Veilchenstrauß von Gloria und Gabriel, die frischen Eier von Leticia, der knackige Salat, der Sack mit Mandarinen, und die ehrliche Begeisterung über die schönen Farben und die Vergleiche mit unserem Dorfplatz. "Auf jedem Bild sind Pinien!" entdeckte eine ältere Frau. Und die anderen sagten: "Ja, das sind schöne Pinien, das da sind pinheiros mansos (Schirmpinien) und das da pinheiros bravos (Kiefern)!" Und staunend stellen sie fest, dass Italien viel Ähnlichkeit mit Portugal hat – Portugal als Maß aller Dinge. Und Dona Maria scheibt ins Gästebuch: "Toscana ist eine schöne Region."