Von Kirchenmännern und Steuern

Verfasst am: 4. Dezember 2003 von Barbara Keine Kommentare

Jedes Jahr vor Weihnachten gingen hier die Kirchenältesten von Haus zu Haus und sammelten Geld für den Padre. Zuerst haben wir gedacht, das sei Geld für ein Weihnachtsgeschenk oder Fahrkostenzuschuss, weil der Padre ja immer extra  zur Messe in unser Dorf fahren muss.
Neulich nach der Missa wurden die vom Kirchenvorstand (heißt hier irmandade = Bruderschaft) vorgeschriebenen Summen, fein gestaffelt nach Anzahl der Personen eines jeden Haushalts, bei den Abkündigungen von der kleinen mexikanischen Schwester verlesen. Demnach zahlt ein Ehepaar 15 Euro (das habe ich wenigstens verstanden, weil ich wohl etwas genauer zuhörte, da es uns betraf).

Jetzt haben wir in "PUBLICO" vom 29. November 2003 genauere Informationen bekommen. Es gibt ein neues Konkordat, das die Steuern auch für katholische Geistliche, die in Portugal bisher im Gegensatz zu den evangelischen Pfarrern oder Pastoren anderer Konfessionen in der Minderheit nichts zu zahlen brauchten, festsetzt. Das bisherige System hatte die Protestanten, und nicht nur diese, schon zu Protesten (na klar!) veranlasst.
Es soll in Zukunft auch eine Kirchensteuer geben, wie sie in anderen Ländern üblich ist, so dass die Mordomos, als Weihnachtsmänner verkleidet, nicht mehr die milden Spenden einsammeln müssen. Jeder Gläubige kann bestimmen, für welche Konfession er seine 0,5% des Einkommens abführen möchte.
Die Kirchensteuer fließt in einen großen Topf, aus dem fortan die katholischen Geistlichen, die sonst jeweils von den eigenen Parochien unterhalten wurden, bezahlt werden. Das sah in der Praxis dann so aus, dass die einen große Einnahmen hatten und die anderen gerade das Existenzminimum. Damit ist auch dem "Nebenerwerb" ein Riegel vorgeschoben, denn es wird nicht mehr möglich sein, für Winkel- und Seelenmessen und andere Dienstleistungen, speziell für Eucharistiefeiern, extra abzukassieren, was solange für schöne Einkünfte sorgte, ja, sorgen musste, denn woher sollte so ein armer Landpfarrer mit einer kleinen Herde sonst sein Einkommen beziehen?

Das wird jetzt alles fein geregelt. Ein Priester – jedenfalls in Lissabon – erhält monatlich 650 Euro Gehalt. Das kann sich um 200 Euro erhöhen, wenn er kein Pfarrhaus oder keine Pfarrwohnung beziehen kann und sein eigenes Auto fährt. Normalerweise werden ein Dienstauto und eine Dienstwohnung gestellt. Auf dem Lande wird so ein Padre auch durch die vielen Liebesgaben in Form von Naturalien sein Auskommen haben. Trotzdem: herzlich wenig, finde ich. Allerdings haben die Padres auch kein langes Theologiestudium hinter sich. Die alten Pfarrer, die hier bisweilen noch amtieren, hatten nur 4 Jahre Dorfschule, einen handfesten Beruf und eine sehr kurze Ausbildungszeit auf einem Seminar.

Dieses neue Dekret tritt am 1. Dezember 2003 in Kraft. Ich glaube nicht, dass es den Beruf des Padre in Portugal attraktiver macht.

Aber ob das nun der Grund ist (der Staat, dieser Halsabschneider!!!), warum der alte Pfarrer im Nachbarort mit durchschnittener Kehle aufgefunden wurde – es soll ja Selbstmord gewesen sein, wird schlankweg behauptet – , das wage ich auch zu bezweifeln.

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