UEFA 2004 in Portugal

Verfasst am: 17. Oktober 2003 von Barbara 6 Kommentare

Gestern lag in jedem Briefkasten Portugals ein Brief von unserem Freund Felipe. Ehrlich, das steht da unter dem Schreiben: "Eine Umarmung des Freundes Felipe", wenn man es wörtlich übersetzt. Es kann natürlich auch heißen: "Mit freundlichem Gruß". Und damit man weiß, wer dieser nette Felipe ist, steht noch dabei, dass es sich um Luiz Felipe Scolari, den Selecionador Nacional, das Auswahlkommitté Portugals für den UEFA-Pokal 2004, handelt.

So einen jubelnd begeisterten, motivierenden, optimistisch anfeuernden Brief bekommt man nicht alle Tage:

"Wir stehen kurz vor der Fußball-Europameisterschaft 2004, dem größten sportlichen Ereignis, das jemals in Portugal stattgefunden hat.
Portugal und alle Portugiesen sind dabei."
Dann wird aufgezählt, was das Land schon alles unternommen hat, aber das haben wir ja am eigenen Leibe erfahren, wenn wir wegen Straßen- und Brückenbau und riesiger Fußballstadien-Projekte und Absperrungen ständig auf Umleitungen durch Dreck und Speck fahren mussten. Alles zielt dabei auf den Sieg der Nationalmannschaft, denn dieser Sieg wird den Millionen Touristen, die wegen der Spiele nach Portugal kommen, zeigen, wie modern und unternehmungstüchtig Portugal ist und wie dynamisch das Leben in den Städten ist (in Porto war es auch vorher schon dynamisch genug),  die Austragungsort für die Spiele sind.
(Irgendwie klingt mir dabei die geifernde Parole in den Ohren: "Unsere Städte werden aufblühen". Das hat damals mal einer geschrieen… )
"Ja, liebe Freunde", lese ich da, "unsere Taktik ist diese: Wir spielen wie eine einzige große Mannschaft mit, einig, gemeinsam und mit Siegergeist. Lassen Sie uns diese großartige Gelegenheit wahrnehmen, um der ganzen Welt unser Portugal zu zeigen und alle Besucher aufs herzlichste zu empfangen."

Ich denke derzeit noch darüber nach, ob ich mir den Aufkleber meines Freundes Felipe nun ans Auto pappe: "Ich mache mit!"

6 Antworten

  1. Harry schreibt:

    Um país sempre mais moderna, ja das ist PT mit seiner Fussballbegeisterung… Übrigens bin ich gar kein Fussballfan, aber wenn die Portugiesen spiel(t)en, fiebere ich immer begeistert mit – denn sie treten nicht auf den Ball, sie tanzen mit ihm.
    Also, wenn Du keine Verwendung für den Aufkleber hast, schicke ihn mir zu – ich werde ihn hier in Berlin stolz auf mein Auto pappen ;-)

  2. Harry schreibt:

    leider hats beim mir das s-z nicht angenommen, deshalb Fuß mit ss. Jetzt gehts wieder!

  3. Barbara schreibt:

    War einfach klasse, diese Aufzeichnungen vom letzten Jahr ( vom 17.10.2003) am 12.6.2004 mal wieder zu lesen, nachdem Portugal so schmählich der von Otto Rehagel deutsch-traditionell trainierten Mannschaft aus Griechenland 1:2 unterlag.
    Die Methode, "mit dem Ball zu tanzen", wie Harry sagt, bringts einfach nicht gegen Ottos nordeuropäische Taktik.
    Günter Netzer beklagte dann auch das portugiesische Desaster: "Sie sind eben doch kein team, wie vorher angepriesen."
    War es nun die Höflichkeit der Gastgeber oder die typisch portugiesische tristeza, die Figo, Deco und Cristiano Ronaldo nicht zum Sieg brachten?
    Oder war es das fehlende Gebet der Carregoseaner in Fátima, die statt für ihre Nationalmannschaft den Sieg zu erflehen nur ans Essen dachten ?  (siehe meinen Eintrag: Portugal im Fußballstadium)

  4. volkmar schreibt:

    Die armen Portugiesen waren doch einfach übermotiviert. Geht mir ganz genau so bei Vorschusslorbeeren: "Wir sind schon ganz gespannt auf die großartigen Sachen, die Sie gleich von sich geben werden!" – Und mir wird dann vor lauter Erwartungsdruck richtig schlecht. Die Griechen als Außenseiter hatten viel mehr Spannung aufgebaut.
    Hier in Frankreich waren die Kommentatoren eindeutig auf portugiesischer Seite, Blutsbrüder, der hellenisch-germanische Stil passt hier nicht her.
    Ist doch eigentlich gar nicht so schlecht, dass die Portugiesen einmal mehr Grund zur Melancholie haben. Dadurch bekommen wir wieder ein paar schöne Fados. Und wo in Europa gibt es sonst noch ein Volk, das eine Revolution mit Nelken gewinnt, aber ein Fußballspiel aus ähnlichen Gründen verlieren muss, weil es nicht knallhart genug ist?!

  5. Christine schreibt:

    Da ich ein Spätzünder bin, schreibe ich ert jetzt zur EM!
    Ich finde auch, dass die Portugiesen einfach übermotiviert waren und einen zu starken "Sieg"-Druck hatten. Die armen Jungs haben mir wirklich leid getan als bei Ronaldo die Tränen flossen. Er wurde natürlich auch von unserer Tochter bemitleidet und sie hätte ihn sicher gerne getröstet! Aber ich finde alles in allem war es eine schöne EM. Wir hatte ja während der ganzen Zeit Fußball-Gäste und jeder war zufrieden. Die beiden Griechen, die zum Schluß noch angeflogen kamen, sind dann 3 Tage nicht mehr aufgetaucht – wahrscheinlich dauerte die Ausnüchterung so lange.

  6. Harry schreibt:

    Tja, der Cristiano Ronaldo, hat er doch mit seinen 19 Jahren und den Tränen der Enttäuschung (die auf RTPI eine halbe Stunde zu sehen waren) viele Fans gewonnen. In Berlin begegnete mir ein junger türkischer Fußballer, der eine solche Ähnilchkeit mit Cristiano hat, dass ihn alle Jungs in seinem Kiez so rufen. Ich habe zusammen mit Heinz einen Kurzfilm für den Berlinale Campus 2005 gemacht, dessen verkleinerte Netzversion hier zu finden ist:
    http://www.actores.de/002.htm

    Viel Spaß!

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