Neue Kronleuchter

Verfasst am: 9. Oktober 2003 von Barbara Keine Kommentare

Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Deutschland erzählte ich der Redakteurin Rosvita Krausz von der Verehrung und Hingabe, die viele Dorfbewohner für den lieben Gott, ihre Patronin, die Nossa Senhora da Saúde,  und alle Heiligen aufbringen und die sich darin ausdrückt, dass sie die Kapelle besonders schön ausstatten und wundervoll schmücken, nicht nur mit Blumen, sondern mit gehäkelten Altardecken und kunstvollen Paramenten, Kerzen, Teppichen, vergoldeten Sockeln, neuem Innen-. und Außenanstrich, Beleuchtung und Azulejos-Bildern. Das Beste ist immer gerade gut genug. Schade, dass ich das jüngste Beispiel damals noch nicht kannte, um eine Rede zu illustrieren. Strahlende, funkelnde Pracht –

Ja, so wie in der Dorfkirche sieht es in keinem der Häuser aus, in denen ich war. Mag sein, dass es einige Protzbauten mit einer besonders reichen "guten Stube" gibt, die hier "Ostersaal" genannt wird, weil sie nur einmal im Jahr betreten wird, nämlich zu Ostern. Aber die gute Stube in den Häusern der Kirchenbesucher ist bei allem Schönheitssinn und Wohlstand ärmlich gegen die Prachtentfaltung in unserer Kirche. Ich habe ja schon oft über die Blumen und Arrangements gestaunt und den Kopf gechüttelt über die Wandverkleidung aus edlen Hölzern. Manchmal haben wir auch geschmunzelt über die Auswüchse – nun ja, über Geschmack lässt sich streiten.

Aber nun hat der letzte oder der vorletzte Kirchenvorstand noch einmal zugeschlagen und – wem eigentlich? – Gott oder sich selbst oder der Nossa Senhora die herrlichsten Kronleuchter gespendet, wie sie in einem Schloss nicht großartiger zu finden sind. Zwei riesige Leuchter funkeln und glitzern da und spiegeln sich in hundert geschliffenen Kristallen. An den Wänden sind dazu noch vier Wandleuchter befestigt, wappenförmige Spiegel mit mehreren goldenen perlenbehangenen Bögen, die von vielen Glühbirnen angestrahlt werden.

Plötzlich wirken die Heiligenfiguren blass und leidend gegen diesen neuen modernen Glanz, und der Kruzifixus schaut gar nicht mehr auf die Gemeinde, die da  im gleißenden Licht sitzt, hinab, sondern ganz erschrocken und unsäglich traurig zum Himmel empor.

"Na, was sagst du dazu?" fragten die Frauen mich und sagten dann zu einem der Messdiener: "Mach einmal das Licht der Wandleuchten an!"
Man hält den Atem an…
"Ist es nicht großartig? Ist das nicht schön?" fragten sie und strahlten noch mehr als ihre neuen dem Herrn geweihten Kronleuchter. So herrlich stellen wir uns also den Himmel vor.

"Welch hohes Licht, welch heller Schein mag wohl in Gottes Garten sein"  … oder so ähnlich dichtet Paul Gerhardt.

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