Ärzte

Verfasst am: 24. September 2003 von Barbara 2 Kommentare

"Gott heilt, und der Doktor kriegt das Geld."

So sagt man in Portugal. Das ist original Volkes Stimme. Und Volkes Stimme hat ja wie immer sowas von Recht!

Obwohl die meisten Portugiesen, jedenfalls die vom Lande und von den Dörfern, sich zuerst einmal an ihre dafür zuständigen Dorfpatrone und Heiligen wenden, an die Nossa Senhora da Saúde und den heiligen Gregorio (den venezulanischen Arzt und den Heiligen, wohlgemerkt) – wie in unserem Dorf zum Beispiel – und an die speziellen Heiligen für jedwede Krankheit: die Lucia für die Augenleiden, die Eulalia für die Brusterkrankungen und so weiter… – es gibt da ein ganzes Buch über die Heiligen und ihre entsprechenden Ressorts, der Padre in der katholischen Buchhandlung in Aveiro kann dir das genau heraussuchen und vorlesen, – also, obwohl die meisten Portugiesen die Himmelskönigin und alle Heiligen anrufen, wallfahrten und Opfer bringen, gehen sie doch zum Arzt. Die Wartezimmer sind brechend voll, elende Flure, wo die Patienten stundenlang geduldig warten.

Natürlich weiß jeder: Es ist Gott, der mich gesund macht, aber darum muss ich doch zum Médico hingehen und eine Untersuchung und eine "Analyse" machen lassen. Nur bei unserem Doutor Gregorio ist das vielleicht nicht nötig, denn der war ja ein richtiger Arzt in Venezuela und weiß genau, was einem fehlt. So haben es uns die älteren Frauen im Dorf jedenfalls erklärt. An ihn kann man sich vertrauensvoll wenden, er weiß in allen diesen Dingen Bescheid. Aber für den lieben Gott, der so weltumfassend tätig und vielbeschäftigt ist und überall helfen und heilen muss, braucht man möglicherweise genauere Angaben, deshalb ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Und dieser nimmt das Geld, aber heilen, ja, heilen kann nur Gott.

Für die normal Sterblichen, die den "Posto da Saúde" (die Polyklinik, wo jeder Arzt ehrenamtlich einmal pro Woche oder pro Monat seine Sprechstunden abhalten muss) aufsuchen, ist ein Arztbesuch kostenlos. Die anspruchsvolleren Leute oder die mit einer schon erkannten und benennbaren, also diagnostizierten Krankheit müssen allerdings zu einem Privatarzt gehen, der sie auch gerne behandelt, nachdem sie erst einmal mindestens 50 Euro gezahlt haben. Cash auf den Tresen, sonst läuft nichts.

Das  geschieht aber ganz friedlich und freundlich und nicht wie irgendwo in Russland, wo man zwar auch erst einmal das Bargeld auf den Tisch legen muss, aber manchmal gleich daneben den Revolver für den Fall, dass der Doktor einen Fehler macht oder keinen Erfolg hat. Also, Revolver habe ich in Portugal noch nicht gesehen, wenn auch die meisten Männer leidenschaftlich gerne schießen, wie ich ja schon oft erzählt habe im Blick auf die Jagdsaison. Vielleicht habe ich von einem solchen Fall von Bedrohung in unserer Gegend auch deswegen noch nie gehört, weil Männer sehr selten oder fast nie zum Arzt gehen, jedenfalls in Portugal kenne ich keinen Mann, der freiwillig einen Arzt konsultiert. Diese Machos werden höchstens mit Beinbruch und im Koma auf der Bahre hingetragen. Wie der mecklenburgische Bauer, bei dessen Beerdigung der Pastor sagte, dass er ihn zeit seines Lebens niemals in der Kirche gesehen habe. "Ganz recht, Herr Pastor", sagten die Sargträger, "und heute wär der auch nicht gekommen, wenn wir ihn nicht hier reingetragen hätten."

Monica M. fragte mich neulich, warum ich mich denn überhaupt in Deutschland behandeln lasse und dabei solches Heimweh nach Portugal haben muss, wie ich es im 1. Kapitel meines Buches "Ein Dorf spielt die Weihnachtsgeschichte" , was sie sehr gerne gelesen habe und gut fände, beschreibe. Ich könnte mir doch dieses seelische Leid ersparen, wenn ich gleich in Portugal bleibe und dort zu einem Arzt gehe.

Hat sie ja richtig gedacht.

Aber in Portugal habe ich noch keinen so tüchtigen und netten Zahnarzt gefunden wie unseren, siehe www.dr-thomas-keller.de. Und deswegen sitze ich immer wieder mal in Deutschland mit schrecklichen seelischen und physischen Schmerzen und lasse meine Zähne reparieren. Ich weiß nämlich nicht, ob Gott auch in dem Falle eines ausgeschlagenen oder vereiterten Zahnes oder einer fehlende Plombe nur durch Gebet und Kräutertees und ganz allein helfen und heilen kann. Braucht er nicht eine Menge Handwerkszeug und erfahrenes Hilfspersonal, um bei Zahnweh zu heilen?

2 Antworten

  1. webmaster schreibt:

    Deus cura os doentes e o médico recebe o dinheiro!! É verdade!
    No Brasil diz-se: Deus cura, o médico manda a conta! Meu Deus do Céu! Saúde!

  2. Volkmar schreibt:

    Im Lande Machiavellis wird die einnehmende Art der Ärzte nur noch von den Rechtsanwälten übertroffen. „Il médico ti spoglia et poi ti ascolta, l’avvacoto ti ascolta et poi ti spoglia!“  Der Arzt zieht einen vorher aus, immerhin um ihn abzuhören. Der Rechtsanwalt hört dich an und zieht dir dann das Fell über die Ohren.
    Dass Gott heilt, in diesem Falle Jesus, kostenlos, die Ärzte aber daran verdienen, zeigt die hübsche Geschichte aus Markus 5, 26: Die Frau war seit 12 Jahren krank, „und hatte viel erlitten von vielen Ärzten und all ihr Gut dafür aufgewandt; und es hatte ihr nichts geholfen, sondern es war noch schlimmer mit ihr geworden.“ Welch ein grimmiger Humor!
    Und noch eine Frage: „Was bedeutet es, wenn ein Arzt im Trauerzug hinter dem Sarg eines Patienten hergeht?“
    Antwort: „Das ist der einzige Fall in der Weltgeschichte, wo die Ursache der Wirkung folgt!“

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