Feuer

Verfasst am: 5. August 2003 von Barbara Keine Kommentare

Nein, hier bei uns an der Atlantikküste brennt es noch nicht. Der Distrikt Aveiro ist noch nicht betroffen. Gott sei Dank.

Das Feuer ist verheerend.
Und was das Fernsehen an grauenvollen Bildern zeigt, ist wirklich nicht übertrieben. Wir haben es erlebt und mit eigenen Augen gesehen, und wir hoffen, dass die Brände bald eingedämmt sind.

Wir machten am Samstag mit unserem Besuch eine Autofahrt in Sachen Kultur. Plötzlich bemerkten wir in Fatima über den Wäldern nördlich eine dicke schwarze Rauchwolke. Der Himmel verfinsterte sich zusehends. Die Sonne drang nicht mehr durch. Es war sehr heiß. Gewitterstimmung. Die vielen Gläubigen im 11-Uhr-Gottesdienst hatten ihre Regenschirme gegen die sengende Hitze aufgespannt. Die Erde schrie nach Regen.

Als wir aufbrachen, um nach Batalha ins Tal hinunter zu fahren, wurden wir schon am Ortsausgang aufgehalten und umgeleitet. Es roch nach verbranntem Holz. Die Besitzer größerer Industrieanlagen standen überall an der Straße und schauten, ob das Feuer näher kommt. Wir fuhren durch abgelegene arme Bergdörfer. So muss es damals 1917 in Portugal ausgesehen haben, als den Kindern Jacinta, Francesco und Lucia die Senhora erschien. Ärmliche, bedrohte Welt.

Über den nördlichen Bergkuppen qualmte es, da ballte sich der scharze Rauch. Die Bewohner waren aus ihren Häusern gekommen und schauten ratlos und hilfesuchend über das Tal nach Norden. Dort kam das Feuer schon bis zu den Bergrändern gekrochen, fraß die Macchie auf und leckte an den wenigen dürren Pinienstämmen hoch, die wie Zunder brennen.

Wir sahen kein Wasserlöschfahrzeug, kein Flugzeug mit Wasserwerfern, keinen Hilfstrupp, nur ängstliche Menschen, die regungslos auf den Brand und die Rauchwolken starrten. So nah bei der Nossa Senhora de Fatima und keine Hilfe….

Batalha lag da wie ausgestorben. Die Feuerwehrsirenen heulten. Der Himmel war bräunlichschwarz. "Da verdunkelte sich der Himmel, es ward eine Finsternis über das ganze Land, und die Sonne verlor ihren Schein", heißt es im Lukas-Evangelium bei Jesu Tod. Genau diese Stimmung herrschte. Unter diesem tödlichen Himmel fegte plötzlich ein heißer Wüstensand über den Platz an der Kirche, trieb Blätter und Staub und Ascheteilchen vor sich her, riß die Souvenirstände um und jagte uns gewissermaßen in die Kathedrale, in der es kühler und  friedlich war. Als wir jedoch das Portal öffneten, um in den Kreuzgang zu treten, kam uns ein Schwall heißer Luft wie aus dem Backofen entgegen und benahm uns den Atem.

So habe ich die wunderschönen Unvollendeten Kapellen auch noch nie erlebt: Sie lagen da in der glutheißen rauchgeschwängerten Luft, es gab nur wenige Besucher, die alle, entsetzt über die Weltuntergangsstimmung, davonflohen, – Kindheitstrauma von Bombennächten und ausgebrannten Kirchen…
Da zwitscherte keine Schwalbe wie sonst, da gurrte keine Taube, da flog kein Vogel, kein Sonnenstrahl erreichte die Erde  - aber es regnete weiße Asche vom Himmel.

45 Grad Hitze zeigte das Thermometer.
45 Grad Hitze unter einer dunklen Rauchglocke ohne Sonne und ohne Schatten.
45 Grad heißer Wüstenwind.

Der Wind und die Finsternis – dazu ein Schwarm von Ungeziefer, das von den Platanen herunterfiel und stach und piekte, Durst und Hunger: waren das nun die ägyptischen Plagen? -  begleiteten uns dann noch einige Stunden bei der Heimfahrt über Nazaré.

Hier im abendlich-ruhigen Dorf drehten sich die Beregnungsanlagen über den Maisfeldern, die Rasensprenger sprühten, die Brunnen rauschten und die Sterne traten hervor und leuchteten am klaren Himmel.

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