Es ist schon eine unglaublich große Gnade, dass ein Mensch, der sein Leben Gott geweiht hat, bis ins hohe Alter gesund und treu dem Herrn dienen darf und dienen kann. Solche Gnade ist dem Padre des Nachbarortes widerfahren. 47 Jahre arbeitet er als Gemeindepfarrer, Rektor (das ist soviel wie Propst oder Superintendent des ganzen Distrikts) und Seminarlehrer allein in diesem Pfarramt. Er kennt alle seine Gemeindemitglieder seit mehreren Generationen. Er traute als junger Priester die Ehepaare, taufte ihre Kinder, traute diese und taufte deren Kinder, beerdigte, predigte, unterrichtete, baute ein Altersheim und, als dieses zu wenig Platz bot, ein noch größeres daneben.
Nun jährte sich seine Priesterweihe, und die Kirchenältesten und Gemeinden beschlossen, das Goldene Jubiläum ihres Pfarrers und Seelsorgers würdig zu feiern.
Unser Dorf gehört auch zu seiner Parochie, und wir haben seit einem Jahr die große Freude, den liebenswürdigen alten Herrn im Wechsel mit einem anderen Priester jeden zweiten Sonntag beim Gottesdienst in der Dorfkirche begrüßen zu können. Er ist sehr beliebt bei den Jungen und bei den Alten. Einige fahren extra dorthin, wo er die Messe zelebriert.
Nun waren alle ganz erfüllt von dem Gedanken an das bevorstehende Jubiläum.
Ja, ein großer Gottesdienst sollte stattfinden, in Anwesenheit des Bischofs oder des Generalvikars, der Chor würde mit seinem Gesang die Messe begleiten, und danach würde man ein festliches Essen zusammen mit Hunderten von Gästen einnehmen. Das sollte alles eine Überraschung sein, denn der Padre in seiner Bescheidenheit wehrte diesen Aufwand natürlich ab und wollte nicht, dass man Aufhebens von seiner Person machte. Aber zu Gottes Ehre und um der Gemeinde eine Möglichkeit zum Danken zu geben, ließ er wohl den Pfarrgemeinderat gewähren.
Die Kirchenvorsteher luden schon im Mai zu diesem Festgottesdienst und zu dem anschließenden Essen ein, da waren wir allerdings gerade bei den Vorbereitungen zur Reise nach Brasilien. Ob wir auch kommen? Wir wagten überhaupt nicht daran zu denken, was nach der Südamerikareise sein könnte… Niemand wusste schließlich, ob wir überhaupt heil zurückkommen würden!