Der Chorausflug II.Teil

Verfasst am: 11. Juli 2003 von Barbara 2 Kommentare

Dann gab es endlich etwas zu trinken. Die Korken knallen in einem leeren Neubau besonders schön laut. Vinho verde. Tinto und – das muss sein – Sekt. Die Zungen wurden lockerer.  Die Stimmung stieg. Die Kinder hatten das obere Stockwerk erobert (daher das Wort). Einer der lustigen Väter sang:
"Serafina, komm mal runter,
hier wartet dein Liebster…"
und alle sangen mit. Ich werde aber nie erfahren, was in dem Lied noch alles geschieht, weil der weitere Text im Lachen unterging.
Sie kannten noch mehr solcher lustigen Lieder aus der Zeltlagerkiste von der Sorte "O hängt ihn auf", "Die Affen rasen durch den Wald", "In einen Hering jung und stramm…" und sangen sie unter großem Gelächter, in das auch der Organist und Chorleiter einstimmte.

Nun wurden die Puddings ausgepackt: Mousse au chocolat, Vanillecreme mit Ananas, Waldmeister-Götterspeise (hier "Trem-Trem", also Wackelpudding genannt. "Glibber und Glutsch", falls das einer versteht. Diese Gelatinepuddings sind unheimlich beliebt und finden reißend Absatz, auch bei starken Männern.) Und natürlich Obst. Das muss sein, und das schaffen wir auch noch.

Doch es ging weiter: Denn dann kamen die Kuchen. Herrlicher Biskuit und feine Zitronenkuchen und "Das musst du essen, das habe ich gebacken" – Schokoladenkuchen und Petit Fours. Aber: "Jetzt ist Schluss, ich kann nicht mehr!"  

In einer Ecke hatte sich Carlos, der in der Jagdsaison einer der hervorragenden Jäger ist, ja, genau der, der vergnügte Landwirt mit dem flotten Schnauzbart und dem fröhlichen Rotweingesicht, der Carlos hatte seinen Jägersitz aufgestellt, ein paar Mauersteine als Tisch vor sich aufgeschichtet und speiste da gepflegt und mit sichtlichem Behagen wie ein Genießer.

Inzwischen sangen die Frauen lustige Kinderlieder und machten eine Polonaise durch alle Räume des Neubaus, bis sie sich schließlich zu einem Kreis zusammenfanden und – wie kamen sie darauf? – Kinderspiele aus ihrer Schulzeit spielten. Die Männer lehnten mit verschränkten Armen in den Türöffnungen und betrachteten das Treiben mit Wohlgefallen. Mich erinnerten diese Spiele an "Dritten abschlagen" und
"Dreht euch nicht um,
der Plumpsack geht herum,
und wer sich umdreht oder lacht,
der kriegt den Buckel vollgemacht."
Aber in diesen portugiesischen Kreisspielen wurde niemand geschlagen oder auf den Buckel gehauen. "Eins, zwei, drei, ins faule Ei!" – ja, das schon eher, so ähnlich riefen und lachten sie.

"Es geht ein Bi-Ba-Butzemann
(oder heißt es:  eine Zipfelmütz??)
in unserm Kreis herum, widebum.
Drei mal drei ist neune,
ihr wisst ja, wen ich meine,
drei mal drei ist eins und zehn
(hm ?, das stimmt doch wohl nicht…)
Zipfelmütz,  bleib steh, bleib stehn.
Sie rütteln sich, sie schütteln sich,
sie werfen die Beine hinter sich,
sie klatschen in die Hand:
Wir beide sind verwandt."

Ja, das spielten wir Frauen und lachten und waren glücklich wie die Kinder. Und die, angezogen vom freudigen Geschrei ihrer Mütter, kamen alle herbei und wollten mitspielen. Es waren viele kleine Jungen, wir haben doch hier einen Jungenüberschuss, acht oder zehn kleine wilde Bengel. Sie fassten ihre Mütter und Tanten und Großmütter an die Hand, reihten sich ein und hatten den größten Spaß bei diesem kindlichen Vergnügen. Es gefiel ihnen, dass die Mütter so fröhlich und ausgelassen waren, sie wollten unbedingt in ihrer Nähe sein und waren dabei lieb und zärtlich wie kleine Katzen.

"Ziehet durch, ziehet durch,
durch die goldne Brücke,
sie ist entzwei, sie ist entzwei,
wir wollen sie wieder flicken.
Mit was denn, mit was denn?
Mit Silber und mit Gold… "
(Anm.d.Red. : Und wie geht es weiter?)

Fortsetzung folgt.

2 Antworten

  1. volkmar schreibt:

    Hier eine süddeutsche Ergänzung mit besten Grüßen:

    Ziehet durch,
    ziehet durch,
    durch die goldne Brücke.
    Sie ist entzwei,
    sie ist entzwei,
    man muss sie wieder flicken.
    Mit was denn?
    Mit was denn?
    Mit Steinelein,
    Mit Beinelein,
    Der letzte wird gefangen,
    mit Spießen und mit Stangen.

  2. Barbara schreibt:

    Jetzt ist es mir wieder eingefallen:
    Im Lied vom Bi-Ba-Butzemann heißt es:
    "… drei mal drei ist neune,
    ihr wisst ja, wen ich meine,
    drei mal drei und eins ist zehn…"

    Das Ringelreihenspiel mit der "Schwarzen Köchin" gehört eigentlich auch zu diesen Kreisspielen wie "Dritten-abschlagen", an das ich mich erinnerte, aber das hat ja Günter Grass schon zitiert, da wollte ich lieber was Neues bringen.

    "Ist die schwarze Köchin da?
    Nein, nein, nein.
    Dreimal muss sie rummarschiern,
    das vierte Mal den Kopf verliern,
    das fünfte Mal komm mit,
    Frau Schmidt."
    (Ist ja ein schrecklicher Text.)

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