Der Chorausflug 1.Teil

Verfasst am: 3. Juli 2003 von Barbara 4 Kommentare

Der Chorausflug / Teil I

Das war der schönste Chorausflug, den ich je mitgemacht habe, von der Reise der Kantorei nach Portugal damals abgesehen. Allerdings war das ja eine Konzertreise und kein Ausflug.

Dieser diesjährige nun war sehr schön und längerfristig geplant. Alles, was man als Grundvoraussetzung benötigt, war pünktlich bestellt worden, nämlich zween Spanferkel und viele frische Brötchen. Bei der letzten Chorprobe am Freitag (nachts) zählte Maria Auguste immer wieder die Teilnehmer. Sie erstellte schriftlich eine Liste und rechnete 33 Personen aus, ohne die Kleinstkinder. Am Sonntag nach der Messe sollte es losgehen. Wir würden zu einem angenehmen Picknick- und Grillplatz fahren und dort fröhlich sein und zusammen essen, um anschließend an der gemeinsamen Wallfahrt zu Ehren Unserer Lieben Frau von Vagos teilzunehmen, zu der der Bischof eingeladen hatte.

Und dann begann es am Sonntagmorgen zu regnen.
Es regnete, was das Zeug hielt.
Aller Regen, den man sich in Deutschland seit Monaten herbeisehnte, fiel hier am Sonntag vom Himmel. Aber wir wollten den Ausflug machen. "Es bleibt dabei: Treffpunkt um halb 12."

Eine Stunde standen wir am vereinbarten Treffpunkt im Regen und stritten uns. "Doch, wir sollten uns um halb 12 treffen. Hat Dorinda gesagt."
"Nein, ich habe gehört, dass sie halb eins gesagt hat."
"Nein, halb zwölf. Und da steht doch auch schon Cidalia im Auto und wartet."

Bis 1 Uhr waren alle Autos, wenn nicht am Platze, so doch wenigstens mal probehalber vorbeigefahren. Im kleinsten roten Wägelchen waren die Spanferkel und Brötchenkörbe und 2 Familien mit Kindern untergebracht.

Wir fragten niemand, wie es weitergehen sollte, und machten auch das Fenster nicht einen Spalt weit auf, weil es so heftig goss. Saßen im dicken Regen im Auto. Man würde ja sehen, was passiert, ob sich der Zug in Bewegung setzt und wohin es gehen würde…

Na, also, es ging los, nachdem noch ein paar Freunde mit Regenschirm eifrig gestikulierend hin und her gerannt waren. Alle setzten sich in Marsch und fuhren durch die Pfützen davon, dass das Wasser an beiden Seiten hoch wie eine Wand aufspritzte. So muss der Durchzug des Volkes Israel durchs Rote Meer ausgesehen haben, als das Wasser rechts und links von ihnen "wie eine Wand stand", über den nachsetzenden Ägyptern dann aber zusammenschlug.

Wir fuhren lange Zeit durch Dörfer, Felder, Weinberge, Eukalyptuswälder bis zum erträumten Ziel. Und da standen doch tatsächlich schon die Kanaaniter in Gestalt anderer zahlreicher Portugiesen und hatten alles belegt und grillten schon seit Stunden und hatten den Raum unter dem schützenden Dach ganz für sich allein in Anspruch genommen. Da mussten wir nach langen Beratungen wieder abziehen: wer zu spät kommt…
Und wohin jetzt?
Also, in Paulos Neubau ist ein großer Raum, in dem auch schon ein Tisch steht.

So fuhren wir alle ins Dorf zurück. Es regnete und regnete. Bei Zé Rocha unterm Dach der Alambique standen einige Dorfbewohner und klatschten Applaus, als die Kolonne wieder ins Dorf einzog. Aber es war doch ein schöner Ausflug gewesen. Die beschwerliche Reise  zum Schlaraffenland muss einfach stattfinden, damit man mit gutem Gewissen und im Bewusstsein "Das habe ich mir hart verdient" die 2 "Spanferkel-satt" essen kann.

Es wurde toll improvisiert, Dorindito zerlegte die Ferkel mit geübter Hand, die Frauen stellten Pellkartoffeln, Geschirr und Besteck auf den Tisch (mit Tischtuch!) und machten die Salate an. Tremocas und Kartoffelchips in riesigen Mengen als Vorspeise wurden von den Kindern freudig verzehrt und im Raum verteilt, dann wurde das Buffet freigegeben. Jeder schnitt sich ein Brötchen auf und belegte es mit einem halben Spanferkel.

Auf einmal war es still-still-still. Das Kindergeschrei, das Geschnatter, die hungrig knurrenden Mägen, der Unmut über den strömenden Regen, das alles war plötzlich mit dem Wind, der durch die offenen Tür- und Fensterlöcher pfiff, wie weggeblasen. Alle standen da und mampften.

Friede.
Ein glückliches Volk Israel.
Satt und zufrieden.
Friede ernährt, Unfriede verzehrt.

Fortsetzung folgt.

4 Antworten

  1. Volkmar schreibt:

    Kleinere grammatikalische Schweinerei zum Altdeutschen: Der gute alte Dual heißt "zwo Spanferkel". Neutrum. "Zween Jünger zogen gen Emmaus", gefolgt von ihren zwei Frauen und ihren zwo Kindern. Das Ewig-Weibliche hat sich im Neudeutschen dann durchgesetzt, eins-zwei-drei, aber nicht wegen der Qualität, sondern einesteils der "Ei"-er wegen, und weil es sich sodann reimt. Drittens lässt es sich besser aussprechen und das männliche zween hat den Kürzeren gezogen.
    Geht Eure normale e-mail-Adresse wieder?
    Weiterhin guten Appetit.
    Volkmar

  2. Heinz schreibt:

    Um von sprachwissenschaftlicher Seite noch einmal in den Schweinerei-Zwist einzugreifen, muss zur Ehrenrettung der Frau (oder der Ferkel?) gesagt werden, dass die Geschlechterverteilung männlich-weiblich-sächlich "zween – zwo – zwei" heißen muss. Demnach: zwo Frauen und zwei (!) oder dialektal allerhöchstens "zwa" Ferkel. Zumindest bis ins 17. Jahrhundert so klar unterschieden gemäß dem gotischen Vorbild "twai (sprich: twe) – twôs – twa". Ja, und nun die Pisafrage: Wer oder was hat sich nun durchgesetzt mit der "zwei"…??  

  3. Barbara schreibt:

    O schön,
    und o schönen Dank für den Spanferkelkommentar. (Und woher kommt nun wieder dieses Wort Span – ???)
    Ich denke, im zweiten Teil mache ich wieder einen Fehler, um so endlich in den gewünschten näheren Kontakt zu meinen geneigten Lesern zu treten.

  4. volkmar schreibt:

    Um keine weitere Kakophonie in den Chorausflug zu bringen: Heinz hat Recht. Hätte gleich in meinen Kluge, immerhin 21. Auflage, sehen sollen. Zwei ist tatsächlich Neutrum. Ich hatte es anders gelernt, und zwar bei einem Gräzisten. Aber der wollte uns auch erzählen, dass Fuchs von griechisch alopex  käme. Und zwar ganz einfach: alo fiel weg, pex wurde zu pix-pax-pux, und dass pux zu Fuchs wurde, konnte jeder hören.
    Was hat sich also durchgesetzt bei den zwei Spanferkeln? Das Neutrum! Oder für einen Theologen: das Evangelium. Wenn wir nicht werden wie die Kinder, werden wir nicht die paradiesischen Gefilde unserer Mutter(!)sprache wahrnehmen.
    Bleibt also „der Span“ beim Spanferkel. Wegen des Feuers mit Holzspänen?  Nein, der Span sei nun auch wieder weiblich, sagt mein Kluge. Sei nämlich abgeleitet von einer mittelhochdeutschen weiblichen spen, was so viel wie „Zitze“ bedeute. Also schon wieder weiblich. Die spen sei aber (sprachlich) ausgestorben. Wir nannten die Spanferkel als Kinder einfach „Nutscher-Schweine“. Finde ich besser und erspart die ganze Etymogelei.
    Beim männlichen Grünspan sagt Kluge, der käme aus Hispanien. Da kann man also „echt was spannen“ – aber das kommt wieder vom Fallenstellen.
    Ich belasse es mal dabei und wünsche zum Chorausflug mit Theodor Heuss: „Nun singt mal schön!“

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