Bunker

Verfasst am: 11. April 2003 von Barbara 1 Kommentar

Bis nachts um halb 12 probten wir für den Gottesdienst an Palmarum. Da wird dann gleichzeitig nach dem Evangelium von dem Einzug in Jerusalem auch die ganze Passionsgeschichte vorgelesen, denn am Karfreitag findet keine Messe statt. Es ist so eine Art "Matthäus-Passion von J.S. Bach", nur viel mehr gekürzt. Tatsächlich lesen wir mit verteilten Rollen den kurzen Text aus dem Markus-Evangelium. Und so schöne Choräle wie die von Bach gibt es natürlich auch nicht. Es sind eigentlich nur wenige Verse, die psalmodierend von einem Sänger gesungen werden, worauf der Chor den Refrain singt, also anfangs das "Hosanna ao filho de David!" und dann später "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"

Bei dieser Klage muss ich immer an die Umbauarbeiten von Dorindo denken, der hier einmal auf dem Hof im Abwasserschacht saß und qualvoll aus der Tiefe herauf diese Worte rief. Es muss da unter der alten Betondecke des Hofes ehemals ein Abwasserbecken gegeben haben, die Decke war eingestürzt, und Dorindo saß da unten im Schlamassel. Da habe ich das Wort zum ersten Mal gehört. Es klang so echt: "Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir."

In dieser Mittwochnacht bei Flutlicht bauten also die Jugendlichen den Hügel Golgatha auf dem Dorfplatz vor der Kirche fertig. Mit  einem Trecker brachten sie Erde herbei, die sie über den unterkellerten und mit Folie abgedeckten Berg Unrat streuten. Sie lachten und turnten darauf herum, schleppten Steine und schafften unermüdlich. Den Eingang zur "Grabeshöhle", es ist eher ein Tunnel, schmückten sie mit Efeu.

Ich erschrak sehr.
Aufgeschreckt durch die Szenen und Bilder vom Irak-Krieg, fand ich diesen Unterstand entsetzlich. Obwohl ja an diesem Tag der Krieg zu Ende gegangen sein soll – eventuell  - und das Saddam-Regime gestürzt sein sollte, erinnerte mich ein solcher Schützengraben nur an den Krieg, an Opas Tunnel im Garten zum Nachbargarten, als die Russen kamen…

"Das ist ja furchtbar", sagte ich auf deutsch zu Hagen, "das ist ja ein Bunker."

Sofort schnappten die jungen Männer das Wort auf.
"Bunker", schrien sie, "wir haben einen Bunker gebaut. Einen Bunker wie im Krieg."
Und sie lachten und freuten sich über diese treffende Bezeichnung.
Das Wort steht gar nicht im portugiesischen Lexikon, aber sie kannten es. Terminus militarius, oder?
Aber was soll daran zum Lachen sein? Mensch, diese Kinder haben doch gar keine Ahnung…

"Ein Bunker gegen die Bomben", freuten sie sich. Und einer rief: "Gleich kommt Saddam Hussein da raus."

Eine Antwort

  1. Barbara schreibt:

    Ich muss noch korrigierend nachtragen, dass man hier statt Hosianna die portugiesische Version, nämlich
    "Hossana"
    mit zwei s und einem n schreibt, wobei dann das h nicht ausgesprochen wird.

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