Lieber Claudio,
jetzt habe ich hier in diesem gelobten Land schon mehrmals erlebt, dass irgend eine Person geehrt und hochgejubelt wird, und jedesmal habe ich gedacht: Toll, – aber sowas ist mir selbst noch nie passiert.
Da war der Ehrentag für die Pastorenfrau Ulla, der die Gemeinde für ihre langjährige Arbeit dankte, frohe Lieder sang und ein festliches Buffet mit eine Zuckerguss-Creme-Biskuit-Torte von 1 qm und mit Sprüchen drauf gestaltete. Und dann der "Dia do Pastor", wo wir annahmen, es sei ein Treffen aller evangelischen Pastoren der Region Nord und es gibt eine Diskussion, was aber ein Irrtum war, den wir alsbald korrigierten und vermuteten, na gut, dann ist es wohl der Sonntag des "Guten Hirten", was aber auch ein Irrtum war, denn tatsächlich war der Sonntag dem Gemeindepfarrer Abel geweiht, dem alle dankten und frohe himmlische Chorlieder sangen und ein festliches Buffet mit 1 qm Torte (mit Danksagung auf den Zuckerguss gemalt) aufbauten.
Wir saßen völlig beeindruckt da und hatten so etwas noch nie erlebt.
Ich als beste Mitarbeiterin an der Seite meines Pfarrers sowieso nicht.
Bis zum Sonntag nach meinem Geburtstag, wo nach beendeter Messe plötzlich alle aufstanden und mich zum Altar drängten ("A Barbara faz anos" – Barbara macht Jahre), mir die brennende Altarkerze in die Hand drückten und anhoben zu singen: "Parabens a Voce". Und sie sangen und klatschten und applaudierten, bis ich die Kerze ausblies, und dann ging die Küsserei los (selbst die Männer kannten keine Distanz mehr).
Die Torte hatte mir ja Hagen schon zum Wiegenfest überreicht. Sie war zweistöckig, schmolz dahin und trug ein Bukett mit blauen Rosen aus Marzipan. Schöööön.