Schiffszwieback

Verfasst am: 16. Juli 2002 von Barbara 1 Kommentar

Lieber Claudio,
zu meinen Schiffbruch-Erlebnissen als Galeriebetreiberin noch ein Nachtrag: Nachdem ich gestern eine sehr schöne Predigt über die Wüstenwanderung des Volkes Israel  gelesen habe (auf Französisch, das so unglaublich portugiesisch ist), fiel mir ein, dass ich im Tagebuch noch einen Absatz über das Mannaproblem geschrieben hatte, du weißt ja, Wachteln und Manna in der Wüste…

Der Ausstellungsbesuch mit den Kindern verlief wahrscheinlich so negativ, weil ich nichts zu essen im Haus hatte.
"Hier gibt es überhaupt nichts zu essen", maulten sie alle, die eigenen Kinder  natürlich lauter als die drei mitgebrachten Schnuckelchen.
Bei der Vernissage hatte es selbstverständlich schöne Kuchen, Brötchen, Obst und Pastetchen gegeben, aber ich bin doch kein Gasthaus, das täglich warme Speisen anbietet, um die Betrachter der schönen Bilder noch mehr zu erfreuen. Im Museum darf man sich auch nur an den Bildern sattsehen. Wehe, wenn da einer Eis lutscht, Kotelettknochen beknabbert und mit Keksen krümelt!
Ich weiß ja nicht, wie es den Leuten gelungen war, die Freunde ihrer Kinder zu bewegen mitzukommen, ich vermute, sie haben versprochen, dass es da ganz viel zu essen gibt, "Exposition auf dem Lande" könnte ja auch etwas mit Land- und Gastwirtschaft sein…

Nun kamen sie von ihren Eroberungsfeldzügen in Haus und Garten zurück und quengelten: "Ich hab solchen Hunger, haben die hier nichts zu essen?"
"Aber ja", sagte ich, "wir haben prima Zwieback."
Kommt Zwieback nicht dem himmlischen Manna gleich, das für die wandernden Israeliten in der Wüste vom Himmel fiel? Aber Undank war schon immer der Welt Lohn. Was passierte damals wie heute? "Das Volk murrte wider Mose."
Natürlich erklärte ich mit süßem Lächeln, wie wunderbar Zwieback ist, dass alle Seeleute Portugals auf ihren Entdeckungsreisen trockenen Zwieback gegessen haben, ohne Zwieback wären Indien und Amerika überhaupt nicht entdeckt worden, außerdem sei Zwieback eine portugiesische Erfindung, die mussten für ihre Seereisen das Brot nämlich zweimal backen, damit es haltbarer ist, er könne stolz darauf sein, hier und heute portugiesischen Zwieback essen zu dürfen, na, und wir hätten eben nichts anderes im Hause.
Ich hatte sie auch hinausgeschickt, die lieben Kleinen, um den Zwieback im Hof zu essen, wo die Spatzen dann die Brosamen aufpicken könnten, aber sie verfütterten das meiste an den Hund, bis der die Schnauze voll hatte und sich verkroch.

Trotz meines Schiffszwiebacks  blieben die Kinder schlecht gelaunt und murrten wider mich, dass sie hier trockene Zwiebacks essen müssten und wir kein Nutella anbieten. (Jetzt hinterher fällt mir ein, dass sie sich erst beschwerten, nachdem sie das Pfund Butter entdeckt hatten, das sie in Scheiben auf die Zwiebacks legten. Deswegen war es mal vorübergehend so still im Haus gewesen.)

Es genügt also durchaus nicht, als Galerist einen guten Sekt und Portwein im Haus zu haben, man sollte auch mit Kuchen, Bife und Pommes gut ausgerüstet sein, damit "Kunst auf dem Lande" eine Chance hat und der Nachwuchs an Kultur herangeführt werden kann – oder was meinst du? Nun rate mir gut, wie ich die nächste Katastrophe überstehe.

Eine Antwort

  1. Madleen schreibt:

    Hallo Mama,

    weist du noch? Ach nein, duu wars ja gar nicht dabei.

    Also: als Papa mit uns auf Kreta war um Katharina zu besuchen, die dort in der orthodoxen akademie ein soziales Jahr machte, haben wir auch ein Kloster besucht.

    Die Nonnen dort malten wundderschöne Ikonen. Und wir wurden von der Mutter Oberin eingeladen einen grichischen Mocca zu trinken. DIe Nonnen servierten dazu eingelegte Orangenscheiben in Geele. Es schmeckte süßlich-bitter. Jakob und Hannah aßen es auch – wenn auch nur aus Höflichkeit. Aber es schmeckte Jakob überhaupnicht. So spückte er es geschickt und heimlich in seine Hand. Er bat dann, aufstehen zu dürfen und ging nach draussen.

    Was macht ein junger Mann, wenn er im Frauenkloster einen Mülleimer und ein Waschbecken sucht und kein griechisch spricht?

    In seiner Not warf er das Gelee in eine Hecke im Klosterhof. Doch nun waren seine Hände verklebt. Er beichtete mir später – und es war ihm doch peinlich – daß er sich die Hände dann im Weihwasserbecken abwusch.

    Seit dem kleben die Kreuze noch fester auf der Stirn der Nonnen.

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