4. Peinlichkeiten – Liebenswürdigkeiten

Verfasst am: 27. Juli 2016 von Barbara Keine Kommentare

PEINLICHKEITEN – LIEBENSWÜRDIGKEITEN

Dem älteren Patienten neben mir war ein Missgeschick passiert.
Er hatte dringend nach einer Bettpfanne verlangt (dieses Utensil heißt portugiesisch „restadeira“, wie ich lernte, und hat nichts mit Resteverwertung zu tun). Da in diesem Notfall gerade keine Krankenschwester in der Nähe war, eilte die Physiotherapeutin zu Hilfe. Doch zu spät, denn schon war das Malheur geschehen. Der alte Herr schämte sich sehr, er war sehr unglücklich und auch etwas hilflos. Er stammelte Entschuldigungen. Die junge Frau beschwichtigte ihn, es sei doch alles ganz normal. Er fand es aber wohl auch demütigend, die Therapeutin zu bemühen, die doch nicht dafür zuständig war. Dennoch bemühte sie sich, das Unglück zu beseitigen und alles sauber zu machen. Sie bezog das Bett und wusch den alten Herrn. Er wagte vor Scham kaum sie anzusehen und sie fühlte sich auch nicht ganz wohl dabei, weil diese Tätigkeit ganz und gar kompetenzfremd war.

In diesem katastrophalen Augenblick kam der liebenswürdigste aller Ärzte dazu. Auch das noch!
Er erfasste die äußerst peinliche und gespannte Situation mit einem Blick und sagte zu dem Patienten: „Das ist sehr gut, dass Sie mit unserer Physiotherapeutin zusammenarbeiten. Wir können nicht früh genug mit den Rehabilitationsmaßnahmen beginnen. Dona Sandra ist die beste Kraft in unserem Haus.“

Was für ein genialer und pädagogisch geschickter Kommentar! So etwas müsste einem auch einmal rechtzeitig einfallen.
Das Lob tat der jungen Frau offensichtlich sehr gut. Sie richtete sich auf und strahlte dankbar den Arzt an.
Der ältere Herr atmete hörbar auf.
Die Situation war gerettet.

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