Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Cabral, der eines Tages von seiner Burg in Belmonte herabstieg, um Brasilien zu entdecken, viel mehr Ahnung hatte als wir von dem, was einen so erwartet. Sicher wusste er auch nur ungenau Bescheid über die transatlantische Lage auf der anderen Hälfte der Erdkugel und das Wetter:
In Brasilien ist also alles umgedreht, nämlich von Mai bis September besagter Winter, und zwar im Süden mehr als im Norden, woran man sich auch erstmal gewöhnen muss. Aber: na klar, je mehr es zum Südpol geht, desto kälter wird\’s. Die Südbrasilianer, die wir trafen, zum Beispiel die Nachkommen der deutschen Auswanderer aus Blumenau, trugen auch immer erwartungsgemäß Pullover und fanden es in Rio und in sogar in Bahia sehr kalt.
Und dann: Uhrzeit und Währung dieses Landes! Dass man die Preisangaben in Reais immer durch 3 teilen muss, um den Eurowert zu errechnen, haben wir schnell begriffen. Durch 3 zu teilen, macht mehr Spaß als seinerzeit das Malnehmen bei französischen Francs, weil in Brasilien immer so herrlich geringe Summen dabei das Ergebnis sind.
Aber die Zeitumstellung? Erst als das brasilianische Liebespaar im Flugzeug vor uns –
gleich nach Verlassen Lissabons und ohne seine Knutscherei zu unterbrechen, die Armbanduhren 4 Stunden zurückdrehte, wusste ich genau, was die Glocke geschlagen hat. So konnten wir dann später bei der Durchsage des Piloten wie die meisten anderen Fluggäste ganz blasiert dreinschauen, waren wir doch schon vertraut mit der richtigen Uhrzeit im Ankunftsland. Unsere wichtigste E-Mail an Katharina hieß dann auch: Rufe uns aus Mecklenburg um 13 Uhr in Salvador an, dann stehen wir gerade auf.
Von solchen Freuden der Technik ahnte Pedro Alvares am 9.3.1500 in Lisboa am allerwenigsten. Wie denn auch. Vor 500 Jahren, ich bitte Sie… Nein, ich fürchte, er wusste noch weniger als wir, er wusste wahrscheinlich gar nichts von Brasilien, denn er wollte ja eigentlich und sowieso Vasco da Gamas Reise nach Ostindien wiederholen, wobei er versehentlich am 24.4.1500 an Brasiliens Küste landete, wohin er durch widrige Winde verschlagen wurde. Dort muss es ihm angesichts der glutroten Baumstämme des Pau brazil, der leuchtendroten Blumen und flammend orangefarbenen Blüten die Sprache verschlagen haben bis auf den bewundernden Ausruf: "Oi, brazil!" (wegen des obgenannten Pau brazil und der roten brasa = Glut, glühende Asche). Deswegen heißt das Land nun Brasilien.
Ach ja, der arme Herr Cabral. Mit der portugiesischen Sprache hatte er natürlich bei seinem ersten Landgang bestimmt auch Schwierigkeiten. Die Leute da sprechen ja immer noch nicht richtig portugiesisch. Die Cariocas sagen zu ihrer Stadt Zidschdadsche, nehmen um poko dsche letsche an den Café (Sag bloß nicht bica, wenn du ein Tässchen Mokka bestellst! Du erntest nur Spott und Lachen.) und nuscheln mit leisem Singsang irgend etwas sehr Melodiöses ohne die vielen sch wie wir hierzulande. Ä verdatsche.