Zwei Briefe und eine wiedergefundene Weihnachtsgeschichte | |||||
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Sehr geehrte Frau Seuffert,
mein Name ist Francisco Nunes. Ich suche schon sehr lange nach meiner Deutschlehrerin aus meiner 5. und 6. Klasse des Gutenberg-Gymnasiums in Wiesbaden und hoffe, dass Sie es sind. Leider weiß ich sehr wenig über meine Deutschlehrerin. Lediglich, dass sie Autorin war, Kinderbücher geschrieben hat und dass sie mit meiner Klasse ein Theaterstück aufgeführt hat, zu dessen Drehbuch ich die Geschichte beigetragen habe. Der Grund, warum ich sie suche, ist, dass sie damals (1988-1989) Weihnachtsmannaufsätze aus dem Schulunterricht in einem Buch veröffentlichen wollte. Einer dieser Weihnachtsmannaufsätze stammte von mir. Meine Eltern haben aber damals versäumt, es zu kaufen. Gibt es dieses Buch noch und wenn ja, wie lautet der Titel? Es ist mir Herzenswunsch, dieses Buch zu erwerben. Meine Deutschlehrerin ist in der 6. Klasse sehr plötzlich aus dem
Unterricht verschwunden. Es hieß, dass sie Krebs habe. Und ich habe
danach nicht wieder von ihr gehört. Über das Stichwort Krebserkrankung
(Google) habe ich Sie Ich hoffe, Sie finden die Zeit mir zu antworten, es wäre mir eine große Hilfe. Mit freundlichem weihnachtlichen Gruß *** Liebe Frau Seuffert, danke für Ihre schnelle Antwort. Ich freue mich sehr, dass es Ihnen
gut geht. Es hat mich besonders gefreut, dass Sie sich noch an mich erinnern.
*** Und hier ist die nach zwanzig Jahren wiedergefundene Geschichte von Francisco: Francisco und das 55 cm dicke Nikolausbuch Francisco ist ein vergnügter schwarzhaariger Junge, der voller Einfälle und Ideen steckt. Deswegen kann er in der Schule auch gar nicht so richtig still sitzen. Er kennt viele Geschichten und wusste gleich, wo das Märchen zu finden ist, das die Lehrerin suchte. Die Klasse wollte nämlich Theater spielen. Aber gibt es ein Theaterstück
mit 30 Hauptrollen? Am nächsten Tag brachte Francisco sein dickes Märchenbuch mit.
In dem stand genau das orientalische Märchen mit 30 wichtigen Personen
für das Theaterspiel. Das war der Lehrerin noch nie passiert, dass
ein Schüler so schnell und glücklich geholfen hat, ein Problem
zu lösen. Da hatte sie den Francisco noch lieber. So schrieb er auch einen besonderen Aufsatz in der Adventszeit. Er schrieb,
wie der Nikolaus in den Kindergarten gekommen war, damals, als Francisco
fünf Jahre alt war. Alle Kinder bekamen ein Geschenk und einige lobend
oder ermahnende Worte vom Nikolaus. Aber das waren ja keine Kindergartenkinder!
Das waren ja die Schulkameraden aus Franciscos Klasse. In Franciscos Aufsatz stapfte also jemand über den Flur, dann klopfte
es, und die Kinder erschraken. Die Leiterin öffnete die Tür,
und herein polterte der Nikolaus. Er trug die hohe Bischofsmütze
auf dem Haupt und war in einen kostbaren Mantel aus Brokat gehüllt.
In der Hand hielt er den goldenen Krummstab. Da er so gütig lächelte,
fassten sich die Kinder schnell ein Herz und boten dem Nikolaus einen
Stuhl an. Dann sangen sie das Lied: "Lasst uns froh und munter sein"
und schauten ihn erwartungsvoll an. Francisco schrieb, dass das Buch 55 cm dick gewesen ist, das ist mehr
als ein halber Meter. Und außerdem war es so schwer, dass der alte
Mann es kaum halten konnte. Also, in dem 55 cm dicken Nikolausbuch standen alle Namen aus Franciscos
Klasse. Und bei jedem Namen eine Bemerkung und dann noch ein Hinweis für
das Geschenk. Da las der Nikolaus vor, dass der Marco den Oliver boxt
und deshalb nur eine Kassette bekommt. Dass der Frank einen Füller,
der Matthias ein Buch, Francisco ein Plastikschwert und die Lehrerin einen
hübschen Blumenstrauß bekommen sollte. Alle waren ganz aufgeregt
und betrachteten die Geschenke und redeten und lachten. Fragt doch den Francisco! |
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