AZOREN-TAGEBUCH    DIÁRIO AÇORIANO

  Barbara Seuffert © 2004

 

 

3.

3. Tag
Angra do Heroismo und Pico

Nach dem Super-Frühstück bei Super-Wetter im Super-Vier-Sterne-Hotel richteten wir schon alles Gepäck für die Weiterreise und strömten dann unter der Leitung des beredten Führers durch die Weltkulturerbestadt. Zu Fuß. Das alte französische Ehepaar hatte sich zwar entschlossen, auf eigene Faust eine Stadtbesichtigung vorzunehmen, weil sie den Ausführungen des Herrn nicht folgen konnte, der zudem immer von 45 Zuhörern umlagert war, aber man hatte ihnen abgeraten, sich von der Truppe zu entfernen, weil doch alles organisiert und bezahlt war.

Zunächst wurde ein Geschäft mit Stickereien, Zierdeckchen und Spitzen besucht, man sah aber keine klöppelnden Frauen, sondern nur ein paar Maschinen. Dann drängelten sich alle ins "Café Dona Amélia", das ist eine Oblatenbäckerei gegenüber dem Kloster, in der man religiöses Zuckerwerk (Kreuze und Heiligenfiguren aus Zuckerguss) und Konfekt auf gesegneten Oblaten kaufen konnte. Die prächtige alte Klosteranlage der Clarissinnen ist verwaist, es gibt keine Nonnen mehr, man kann aber die goldüberladenen Altäre bewundern. Am Eingang des Klosters ist eine "Babyklappe" zu sehen. Das setzt die Phantasie in Gang.
In der gediegenen Stadtbibliothek zeigte Hagen den staunenden Besuchern unsere homepage am Computer. Die Kathedrale am Renaissance-Marktplatz und im Hausgiebel - Ambiente ist ein klassischer Renaissancebau. Der Palast der Kapitäns-Generäle und das Rathaus sind reich mit Gemälden, Mobiliar und Silber ausgestattet, welch gediegener Reichtum. Durch die schönen Gärten und Parks des Duque da Terceira wanderten wir zum Restaurant am Hafen, um das Mittagessen einzunehmen.

Spätestens ab diesem Augenblick, ich erinnere mich genau, mochte ich nicht mehr essen und sehnte mich nach 2 Pellkartoffeln und einer Apfelsine, die ich mir selbst vom Baum pflücken konnte, ohne diese penetrant parfümierten, flitzenden, servilen Kellner um die Ohren zu haben.
Weil ich auf das alte Lissabonner Ehepaar wartete, verloren wir die Gruppe aus den Augen, irrten ein bisschen umher und wurden schließlich doch noch vom Bus eingesammelt, der uns wieder zum Flughafen brachte, von wo wir nach Pico flogen, 30 Minuten.

Pico ist die Insel mit dem höchsten Berg Portugals (2300 m), dem Vulkanberg Pico, der meistens in Nebel gehüllt und sogar bisweilen schneebedeckt ist. Ein majestätischer Berg, und wenn ich dieses Jahr schon nicht zum Ararat komme, dann nehme ich eben den Pico als Ersatz, er ähnelt dem Ararat ein wenig.

Das Hafenstädtchen Madalena hat den Zauber und Flair vergangener Zeiten. Im Hotel Caravela*** stiegen wir ab. Und während die andern sich erfrischten und duschten, besuchten wir auf der Jagd nach Dia-Filmen alle Läden. So erstanden wir für Hagen "auf die Schnelle" ein wunderschönes Polohemd, von dem alle Frauen entzückt waren und ständig auf allen Inseln für ihren Mann das gleiche Hemd suchten, ohne es zu finden. Wirklich haben wir nie mehr so einen netten und preisgünstigen Laden gefunden. Er liegt am Marktplatz, solltet Ihr mal da hinkommen: Kauft sofort, was Euch ins Auge sticht, die Gelegenheit kommt nie wieder.

Im Speiserestaurant Parisiana wurde abends großartig getafelt. Alle Weine und Aperitifs und der köstliche Käse waren schließlich im Preis inbegriffen. Pico ist die Insel des Weines, der vorwiegend aus Relva kommt. Die Weine heißen "Basalto" und "Terras da Lava" - braucht man da noch etwas zu erklären?

Angeregt durch die guten Speisen und den schweren Wein, fingen die Fadistas, das sind fast alle Männer der Gruppe gewesen, zu singen an. Auch die Leberwurst-Gattin und die Goldene Braut aus Lisboa trugen einen Fado vor, sangen und sangen bis in die Nacht ihre traurigen Fados. Vor dem Lokal blinkten die Sterne auf dem Wasserspiegel, und drüben über diesem sogenannten Kanal, wo der Ozean nur 100 m tief ist, 7 km entfernt, liegt die Insel Faial.

In der warmen Sommernacht bis nach 24 Uhr übte das 100-köpfige Jugend-Philharmonieorchester in der Konzert-Rotunde am Markt von Madalena schmissige Weisen von Elvis, den Beatles, Verdi-Opern und Gershwin.

Fortsetzung folgt

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